Sozialistische Tribüne

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Sozialistische Tribüne

Beschreibung deutsche Exilzeitschrift
Hauptsitz Stockholm
Erstausgabe Januar 1945
Einstellung Juni 1946
Erscheinungsweise monatlich
Verkaufte Auflage 1000 Exemplare
(April 1945[1])
Chefredakteur Anfang 1945: Fritz Bauer
später: Willy Brandt
Herausgeber Landesleitung der SPD in Schweden
ab April 1946: SPD-Parteivorstand
ZDB 527842-9

Die Sozialistische Tribüne wurde als theoretische Zeitschrift der schwedischen Landesgruppe der SPD in den anderthalb Jahren ihres Erscheinens von Januar 1945 bis Juni 1946 zum führenden Organ der deutschsprachigen Exilpresse in Schweden.[2]

Programmatik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aus dem programmatischen Leitartikel der Erstausgabe geht hervor, dass die Sozialistische Tribüne eine Ergänzung zu Kurt Heinigs Mitteilungsblatt Information darstellen und der Diskussion von Fragen der sozialistischen Bewegung dienen sollte, zu der sie sich als „sozialistisches Blatt“ bekannte. Ihr Ziel sei die Einigung der Antifaschisten und die Verständigung über eine wirksame Nachkriegspolitik für Deutschland.[3]

Die Zeitschrift enthielt auch Artikel über die Aktivitäten der sozialdemokratischen und kommunistischen deutschen Emigranten in schwedischer Sprache, da ein signifikanter Teil der Exemplare von schwedischen Gewerkschaften und Sozialdemokraten bezogen wurde.[4]

Profil[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Sozialistische Tribüne, in der Vertreter beider Flügel der SPD zu Wort kamen, stand, so die Philologin Angela Huß-Michel, für einen „freiheitlichen, demokratischen und humanistischen Sozialismus“ sowie für die Ablehnung totalitärer Systeme und der Zwangsmaßnahmen bei der Gründung der SED.[5]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auf Initiative des späteren Bundeskanzlers Willy Brandt und des späteren Generalstaatsanwalts Fritz Bauer wurde die Herausgabe der Monatsschrift Anfang 1944 auf einer Landeskonferenz der deutschen Sozialdemokraten in Schweden beschlossen und im Januar 1945 durch die Leitung der im selben Monat gegründeten[6] SPD-Landesgruppe Schweden aufgenommen.[5] Erster Chefredakteur wurde Bauer. Die Juristin Lena Foljanty und der Historiker David Johst zählen auch Willi Seifert zu den Mitgründern der Sozialistischen Tribüne.[7]

Die Erstausgabe war der Frage „Was erwartet die internationale Arbeiterbewegung von den deutschen Sozialisten?“ gewidmet und enthielt sowohl Beiträge ausländischer Sozialisten wie Martin Tranmæl und George Douglas Howard Cole als auch deutscher Sozialisten wie Stefan Szende, Ernst Paul und August Enderle.

Im Sommer 1945 trat Brandt die Nachfolge Bauers als Chefredakteur an.[8] Er trat jedoch zurück, als er nicht als Vertreter der Redaktion in die Landesgruppenleitung entsandt wurde, da er sich dadurch „politisch desavouiert“ fühlte.[6]

Der Parteivorstand in Hannover beteiligte sich ab April 1946 an der Herausgabe des Blattes,[9] das bereits im Juni 1946 eingestellt wurde, da die SPD in Deutschland kein Interesse mehr an ihm hatte.[10] Als letzte Ausgabe erschien die Nummer 5/6 (Mai/Juni) des zweiten Jahrgangs.

Auflage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die im April 1945 erreichte Auflage von ca. 1000 Exemplaren sank in den Folgemonaten rapide ab.[1] Insgesamt erschienen 15 Ausgaben der Sozialistischen Tribüne[11] mit jeweils 16 bis 20 Seiten. Die Drucklegung erfolgte durch die Stockholmer Tryckeri A.-B. Federativ.[5]

Autoren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der verantwortliche Redakteur war Karl Erik Jansson. Zu den weiteren Mitarbeitern und Autoren der Zeitschrift zählen Willy Brandt, Fritz Bauer, Siegfried Aufhäuser, Günter Dallmann, Adolf Grimme, Bruno Kreisky, Thomas Mann, Erich Ollenhauer, Walter Pöppel, Willi Seifert, Ignazio Silone, Friedrich Stampfer, Kurt Stechert, Kurt Stern, Willy Strzelewicz, Stefan Szende und Fritz Tarnow.[5]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Margareta Friberg: Bibliographie einer Zeitschrift. Die Sozialistische Tribüne. Universität Stockholm, 1969.
  • Helmut Müssener: Exil in Schweden. Politische und kulturelle Emigration nach 1933 (= Stockholmer germanistische Forschungen. Band 14). Hanser, München 1974, ISBN 3-446-11850-0.
  • Hans-Ludwig Beelte: Sozialistische Tribüne. In: Hanno Hardt et al. (Hrsg.): Presse im Exil (= Dortmunder Beiträge zur Zeitungsforschung. Band 30). Saur, München [u. a.] 1979, ISBN 3-598-02530-0, S. 284 ff.
  • Angela Huß-Michel: Sozialistische Tribüne. In: Literarische und politische Zeitschriften des Exils 1933–1945 (= Sammlung Metzler. Band 238). J. B. Metzler, Stuttgart 1987, ISBN 978-3-476-03940-8, S. 144–146.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Claudia Fröhlich: »Wider die Tabuisierung des Ungehorsams«: Fritz Bauers Widerstandsbegriff und die Aufarbeitung von NS-Verbrechen (= Wissenschaftliche Reihe des Fritz-Bauer-Instituts. Band 13). Campus-Verlag, Frankfurt am Main, New York 2006, ISBN 3-593-37874-4, S. 274.
  2. Müssener, S. 158; zitiert nach: Huß-Michel, S. 145.
  3. Ignazio Silone: Unser Weg: die Wahrheit. In: Sozialistische Tribüne. Jg. 1, Nr. 1, Januar 1945, S. 1; zitiert nach: Huß-Michel, S. 145.
  4. Vgl. etwa: Sozialistische Tribüne. Jg. 1, Nr. 3, März 1945, S. 2; zitiert nach: Huß-Michel, S. 145.
  5. a b c d Angela Huß-Michel: Literarische und politische Zeitschriften des Exils 1933–1945. J. B. Metzler, Stuttgart 1987, S. 144–146.
  6. a b Gertrud Lenz: Gertrud Meyer 1914–2002. Ein politisches Leben im Schatten Willy Brandts. Schönigh, Paderborn 2013, ISBN 978-3-506-77569-6, S. 222–223.
  7. Fritz Bauer: Kleine Schriften. Hrsg.: Lena Foljanty, David Johst (= Wissenschaftliche Reihe des Fritz-Bauer-Instituts. Band 32). Band 2: 1921–1961. Campus-Verlag, Frankfurt am Main 2018, ISBN 978-3-593-50859-7, S. 23.
  8. Gründung der Zeitschrift „Sozialistische Tribüne“. In: Online-Biografie Willy Brandts. Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung und Norwegisch-Deutsche Willy Brandt-Stiftung, abgerufen am 14. Mai 2024.
  9. Müssener, S. 159; zitiert nach: Huß-Michel, S. 145.
  10. Friberg, S. 4; zitiert nach: Huß-Michel, S. 145.
  11. Matthias Meusch: Von der Diktatur zur Demokratie. Fritz Bauer und die Aufarbeitung der NS-Verbrechen in Hessen (1956–1968) (= Politische und parlamentarische Geschichte des Landes Hessen. Band 26). Historische Kommission für Nassau, Wiesbaden 2001, ISBN 3-930221-10-1, S. 12.