Rastatter Gesandtenmord

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Koordinaten: 48° 51′ 54,5″ N, 8° 11′ 58″ O

Nachempfindung des Geschehens
Ankunft zweier Überlebender in Rastatt. Madame Roberjot (rechts) und Debry (Mitte), der von seinen Töchtern gestützt wird.

Der Rastatter Gesandtenmord in den Nachtstunden des 29. April 1799 beendete die Friedensbemühungen zwischen Frankreich und Österreich.

Die Ereignisse in Rastatt

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Vier französische Diplomaten, Antoine Bonnier d’Alco aus Montpellier, vor der Revolution Präsident des dortigen Gerichts, der Rechtsanwalt Jean Antoine Debry (andere Schreibweise de Bry), der ehemalige Priester Claude Roberjot und der Generalsekretär Heinrich Karl Rosenstiel sollten während des preußisch-österreichisch-französischen Friedenskongresses in Rastatt über bestimmte, sich aus dem Frieden von Campo Formio von 1797 ergebende Fragen verhandeln.

Am 10. März forderte der Oberbefehlshaber des Heeres Erzherzog Karl alle französischen Diplomaten zum Verlassen Deutschlands auf. Der österreichische Abgeordnete Franz Georg Karl Graf von Metternich-Winneburg verließ die Konferenz am 13. April. Über die Karlsruher Zeitung verbreitete er: „Da nun die Neutralität des Kongressortes aufhört, so werden auch die französischen Minister sich wahrscheinlich nicht mehr lange hier aufhalten.“ Doch der französische Außenminister Talleyrand befahl seinen Gesandten zu bleiben.

Am 17. April erhielt der österreichische Oberst Joseph Barbaczy den Befehl, den Ort mit seinem 11. Szekler Husarenregiment abzuriegeln, alle französischen Kuriere und Diplomaten zu kontrollieren und ihre Geheimpapiere zu beschlagnahmen.

Am 22. April fand die 97. und letzte Tagung statt. Am nächsten Tag reisten die teilnehmenden Diplomaten ab, mit Ausnahme der Franzosen, da der Oberst verkündete, Rastatt sei ohne Metternich kein Konferenzort mehr, und er könne nicht für ihre Sicherheit garantieren.

Am 28. April ließ er den Ort besetzen und abriegeln. Die Franzosen erhielten ein Ultimatum, innerhalb von 24 Stunden abzureisen.[1] Dem kamen sie in der folgenden Nacht nach; am 28. April gegen 22 Uhr verließen sie Rastatt.[2]

Was dann geschah, wurde nie geklärt. Bonnier und Roberjot wurden nahe Rastatt ermordet[3] und noch am Abend des 29. April im Ort feierlich beigesetzt.[4] Debry wurde leicht verwundet, konnte jedoch „wie durch ein Wunder“[5] entkommen und sich zunächst in einem Wald verbergen, bis ihn Bauern am nächsten Morgen zur Unterkunft des preußischen Gesandten, Graf Johann Eustach von Görtz, brachten.[6] Graf Görtz nahm Debry auf, ließ seine Wunden versorgen und protestierte scharf gegen das Vorgehen der Husaren.[7] Auch Rosenstiel konnte entkommen und fand im Quartier des badischen Abgeordneten Emanuel Meier, Zuflucht, einem Mitglied der Delegation Karl Friedrichs von Baden.[8]

Versuche der Aufklärung / Theorien über die Anstifter

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Oberst von Barbaczy versprach, den Fall zu untersuchen und die Mörder zu verhaften. Erzherzog Karl setzte am 1. Mai eine Kommission ein, die in Villingen im Schwarzwald unter dem Vorsitz des Grafen Johann Rudolf von Spork (1755–1806) tagte.[9] Ihre geheime Arbeit dauerte ein halbes Jahr und endete mit einer Zeitungsnotiz, der zufolge die Ergebnisse nach Wien gesandt worden waren. Dort verschwanden sie spurlos.

Oberst von Barbaczy wurde im Folgenden selbst verhaftet, zusammen mit mehreren Soldaten, die sich der Tat gerühmt hatten, aber kurz darauf wieder freigelassen und zum Generalmajor befördert. Eine Anklage wegen Raubmord verlief im Sande.

Gleich nach der Tat und das ganze 19. Jahrhundert hindurch wurde heftig über die Frage gestritten, wer den Mord in Auftrag gegeben habe. Unter den auf dem Rastatter Kongress vertretenen Regierungen war keine, die nicht irgendwann von irgendjemandem dieses Verbrechens beschuldigt worden wäre.[10]

  • Das Direktorium der französischen Republik klagte bei der Trauerfeier für Bonnier d’Alco und Roberjot, die beide dem Rat der Fünfhundert angehört hatten, die britische Regierung als Urheber an.[11]
  • Preußen beschuldigte Österreich, den Mord befohlen zu haben. Die Befürworter dieser These verwiesen darauf, dass Erzherzog Karl die bei den beiden toten Gesandten vorgefundenen Papiere hatte nach Wien schicken und sich vorlegen lassen. Denn seit dem im Jahre 1795 geschlossenen Frieden von Basel zwischen Frankreich und Preußen befürchtete er weitere Absprachen zwischen diesen beiden Ländern zu Lasten Österreichs.
  • Der französische Politiker Jean-Pierre Fabre de l’Aude (1755–1832) bezichtigte Königin Maria Karolina von Neapel-Sizilien, ihren Premierminister John Acton und die britische Regierung des Verbrechens.[12]
  • Der Historiker Carl Mendelssohn Bartholdy vermutete die Anstifter in Kreisen französischer Emigranten.[13] Dagegen argumentierte der badische Jurist Josef von Reichlin-Meldegg.[14]
  • Der badische Historiker Arthur Heinrich Böhtlingk (1849–1929) verfocht die These, eine Fraktion des Direktoriums und Napoleon Bonaparte stünden hinter dem Mord.[15]

Mit zahlreichen Illustrationen, die sich mehr oder weniger genau an den näheren Umständen orientierten, wurde der Tathergang in Szene gesetzt.

Albumblatt von 1858
Albumblatt von 1858
Kupferstich nach Duplessis-Bertaux
Kupferstich nach Duplessis-Bertaux

Die Stelle, wo die Morde begangen wurden, liegt in einem kleinen Park in der Nähe der Kreuzung „Am Gedenkstein“ und „Kinkelstraße“. Hier errichtete die Stadt Rastatt einen Gedenkstein und eine Gedenktafel.

Gedenkstein an den Rastatter Gesandtenmord
Gedenkstein
Gedenktafel an den Rastatter Gesandtenmord
Gedenktafel
Gedenkstein und Gedenktafel
Gedenkstelle

(in der Reihenfolge des Erscheinens)

Einzelnachweise

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  1. Carl Mendelssohn Bartholdy: Der Rastatter Gesandtenmord. Bassermann, Heidelberg 1869. S. 23.
  2. Heinrich Heidenheimer: Mitteilungen über den Rastatter Gesandtenmord. In: Westdeutsche Zeitschrift für Geschichte und Kunst, Jg. 2 (1883), S. 131–162, hier S. 148.
  3. Josef von Reichlin-Meldegg, „Der Rastatter Gesandtenmord“, Carl Winter, Heidelberg 1869. S. 8–12. Google Books, abgerufen am 3. Mai 2017.
  4. Josef von Reichlin-Meldegg, „Der Rastatter Gesandtenmord“, Carl Winter, Heidelberg 1869. S. 15. Google Books, abgerufen am 3. Mai 2017.
  5. Josef von Reichlin-Meldegg, „Der Rastatter Gesandtenmord“, Carl Winter, Heidelberg 1869. S. 12. Google Books, abgerufen am 3. Mai 2017.
  6. Heinrich Heidenheimer: Mitteilungen über den Rastatter Gesandtenmord. In: Westdeutsche Zeitschrift für Geschichte und Kunst, Jg. 2 (1883), S. 131–162, hier S. 148.
  7. Gräflich Rechbergsches Familienarchiv Donzdorf, HA K 34 - Briefe des Aloys von Rechberg an seine Frau Marianne, April und Mai 1799.
  8. Der eigenhändige Lebenslauf Meiers in: Gereon Becht-Jördens, Der würkliche Geheime Rath und spätere Staats Rath Emanuel Meier (1746-1817). Ein Leben im Dienst Karl Friedrichs von Baden, in: Hermann Wiegand, Ulrich Nieß (Hrsg.): Karl Friedrich von Baden. Markgraf, Kurfürst, Großherzog (Schriftenreihe des Karl-Friedrich-Gymnasiums Mannheim in Kooperation mit dem Stadtarchiv Mannheim – Institut für Stadtgeschichte 1). Wellhöfer, Mannheim 2012, S. 95–135, hier S. 121.
  9. Josef von Reichlin-Meldegg: „Der Rastatter Gesandtenmord“, Carl Winter, Heidelberg 1869. S. 18. Google Books, abgerufen am 3. Mai 2017.
  10. Heinrich Heidenheimer: Mitteilungen über den Rastatter Gesandtenmord. In: Westdeutsche Zeitschrift für Geschichte und Kunst, Jg. 2 (1883), S. 131–162, hier S. 132.
  11. Johann Sporschil: Geschichte der Deutschen von den ältesten Zeiten bis auf unsere Tage, Band 4, Georg Joseph Manz, Regensburg 2. Aufl. 1859. S. 184.
  12. Jean Pierre Fabre: Histoire secrète du Directoire, Band 4. Ménard, Paris 1832. S. 90.
  13. Carl Mendelssohn Bartholdy: Der Rastatter Gesandtenmord. Bassermann, Heidelberg 1869.
  14. Josef von Reichlin-Meldegg, „Der Rastatter Gesandtenmord“, Carl Winter, Heidelberg 1869. S. 29–32. Google Books, abgerufen am 3. Mai 2017.
  15. Arthur Böhtlingk: Napoleon Bonaparte und der Rastatter Gesandtenmord. Duncker & Humblot, Leipzig 1883 (archive.org).
Wikisource: Rastatter Gesandtenmord – Quellen und Volltexte