Siegfried Albrecht (Künstler)

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Siegfried Albrecht (* 25. März 1915 in Chemnitz; † 14. August 2002 in Idstein) war ein deutscher Künstler, Architekt und Wegbereiter der kinetischen Lichtkunst. Ausgehend von Goethes Farbenlehre schuf er Lichtobjekte aus bewegten farbigen Schatten.

Siegfried Albrecht

In Chemnitz aufgewachsen, studierte Siegfried Albrecht Architektur an den technischen Hochschulen in Dresden und München. Nach Kriegsdienst und Gefangenschaft war er tätig als Architekt und freischaffender Künstler, Professor an der Fachhochschule Wiesbaden und Kunsterzieher am Pestalozzi-Gymnasium Idstein.

Skiachromatisches Objekt
Skiachromatisches Objekt
Lamprisches Objekt
Skiachromatisches Ballett
Skiachromatisches Ballett
Skiachromatisches Ballett

Bekannt wurden Albrechts Arbeiten zuerst in den 60er/70er Jahren im Rahmen des neuen Kunstinteresses an Licht, Farbe und Kinetik. In umfassenden großen Ausstellungen zu diesem Thema ebenso wie in zahlreichen Einzelausstellungen waren seine Werke vertreten: Kinetische Lichtobjekte mit farbigen Schatten, deren Farben und Formen durch das Zusammenwirken von farbigen Lichtquellen und motorisch bewegten Skulpturen, projiziert auf eine transluzente Scheibe, Veränderungen erfahren. Die verschieden gerichteten Lichtstrahlen bewirken eine Überlagerung der Schatten und eine Auflösung in farbig differenzierte Schichten. Bereits 1967 zur Gründung des Instituts für moderne Kunst Nürnberg durch Dietrich Mahlow wurde Siegfried Albrecht zusammen mit Francis Bacon, Yves Klein, Julio Le Parc und Günther Uecker u. a. in dessen Archiv zur Dokumentation seines gesamten künstlerischen Schaffens aufgenommen.

Ausgangspunkt für die „Skiachromatischen Kompositionen“ Siegfried Albrechts war seine theoretische und praktische Auseinandersetzung mit der Farbenlehre Goethes und den von ihm beschriebenen komplementärfarbenen Schatten, wie er sie bei Mond- und Kerzenlicht erlebte. Fasziniert von diesem „Phänomen der farbigen Schatten“ experimentierte Albrecht mit den Möglichkeiten des künstlichen Lichtes und dokumentierte seine Erkenntnisse in einer eigenen Farbenlehre („Lebendige Farbe – ein Weg zum Wesen der Farbe“ (unveröff. Manuskript)): Ein mit farbiger Lichtquelle angestrahltes Objekt wirft bei Hinzufügen einer weißen Lichtquelle einen Halbschatten in der Farbe der Lichtquelle sowie einen zusätzlichen Halbschatten in der Komplementärfarbe der farbigen Lichtquelle. In dem Bereich, in dem sich die beiden komplementärfarbigen Schatten überschneiden, färbt sich der Schatten – im Sinne der subtraktiven Farbmischung – schwarz (Kernschatten).

Skiachromatische Kompositionen

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Nach den ersten Gestaltungen mit Licht und farbige Schatten von statischen Gegenständen aus Natur und Alltag („Skiachromatische Malerei“ seit 1959) folgten Versuche mit beweglichen Objekten (seit 1961). Dabei werden die Schatten der farbig und weiß angestrahlten Objekte auf mattierte lichtdurchlässige Scheiben projiziert. Die durch Bewegung wechselnden Überlagerungen der farbigen und schwarzen Schatten zeigen sich dem Betrachter auf der anderen Seite der Projektionsscheibe als eine unendliche Vielfalt von Farb- und Formvariationen. Es sind kinetische Gemälde mit farbigen Schatten, „vergänglich in ihrer Abhängigkeit vom Licht; doch lässt das Licht sie immer wieder neu entstehen. Sie sind in dauerndem Wechsel und doch immerwiederkehrend. Sie sind nicht fassbar und doch existent“[1]. Mittels eingebauter Schaltungen kann der Zuschauer auf Form und Farbe des projizierten Erscheinungsbildes einwirken. „,Röntgenaufnahmen unbekannter Landschaften‘ nennt Oto Bihalji-Merin Albrechts Arbeiten; sie fordern bewusst zur Aktivität auf. So hat der Künstler bei etlichen Objekten vorgesehen, einzelne Lichtquellen durch den Betrachter ab- und hinzuschalten zu lassen. Dadurch wird einmal das Prinzip für den Rezipienten durchschaubarer, zum anderen fördert die individuelle Variationsmöglichkeit eigene Kreativität. Albrecht ‚musiziert optisch‘.“[2] „Skiachromatische Kompositionen sind visuell erlebbare Musik. Das Hineingleiten der Augen in die Bewegung der farbigen Formen oder der geformten Farben führt zu einer kontemplativen bzw. meditativen Begegnung.“[3]

Lamprische Kompositionen

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Seit 1961 entwickelte Albrecht auch seine „Lamprischen Kompositionen“. Sie entstehen aus Reflexen, die durch Thermodynamik in unregelmäßige Schwingungen versetzt werden.

Aktions-Environments

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Es folgten Entwürfe und Konzepte zur „Skiachromatischen Raumgestaltung“ für begehbare Räume – Environments, in denen der Betrachter seinen eigenen farbigen Schatten erzeugt und damit selbst Teil des Kunstobjekts wird. Meditationsräume, ein Skiachromaton (Farborgel) und Aktions-Environments (1969) sind ebenfalls Bestandteile von Albrechts vielseitigem Gesamtwerk.

Skiachromatisches Ballett

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Mit der Einbeziehung des Menschen in die Skiachromatischen Kompositionen als schattenerzeugendes Objekt entstand das „Skiachromatische Ballett“ (seit 1980), eine Choreographie, in der unter Verwendung mehrerer Strahler mit unterschiedlichen Farben oder Farbnuancen eine Vervielfachung der farbigen Schatten zustande kommt, wobei sich ihre Intensität durch elektronische Steuerung variieren lässt. „Es ist also immer ein Spiel der Farben und der Formen, die vom menschlichen Körper gebildet werden, auch wenn dieser durch Überlagerung der Schatten nur noch verfremdet in Erscheinung tritt oder überhaupt nicht mehr erkennbar ist.“[4] Die Ballettaufführungen wurden mit von Albrecht selbst kreierter synthetischer Musik begleitet. Daraus entstanden Filme und „Skiachrome Bilder“ als eigene Gattung zwischen graphischer Gestaltung und Fotografie (seit 1983).

Seit 1994 experimentierte Albrecht mit der Synästhesie von Licht, Farbe, Form und Musik. Die Ergebnisse hielt er filmisch fest in seinem „Moment Fantastique“. Ähnlich wie im „Skiachromatischen Ballett“ und in den „Skiachromen Bildern“ fungiert auch hier der menschliche Körper als Gestaltungsmittel, tritt nicht als Ganzes in Erscheinung, sondern ist nur der Kern, aus dem die einzelnen gestaltenden Körperteile hervorgehen. Diese agieren selbständig im Mit- und Gegeneinander, vergleichbar den Instrumenten eines Orchesters.

Nach dem Tode Siegfried Albrechts fand seine Kunst Widerklang in der Konzertkomposition L’ombre de Dinorah, Concerto für Bassklarinette und Orchester, von Timo Jouko Herrmann[5]. Die „unwirkliche Schönheit und mystische Aura [der Lichtobjekte] übertrug der junge Komponist sehr eindrucksvoll in Orchesterklänge, die in großen Wellenbewegungen heranfluten.“[6] Die schriftliche Dokumentation des künstlerischen Gesamtwerkes von Siegfried Albrecht befindet sich im Deutschen Kunstarchiv des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg.

Werke (Auswahl)

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  • 1958 erste Experimente mit farbigen Schatten
  • 1959 „Skiachromatische Malerei“, „Skiachromatische Kompositionen“
  • 1961 „Lamprische Kompositionen“
  • 1969 Skiachromatische Raumgestaltung, Meditationsräume, „Skiachromaton“
  • 1976 Skiachromatische Filme, „Kinesis“
  • 1980 „Skiachromatisches Ballett“
  • 1983 „Skiachrome Bilder“
  • 1994 „Moment Fantastique“

Ausstellungen (Auswahl)

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Einzelausstellungen

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  • 1964 Galerie Sandberg, Darmstadt
  • 1964 Galerie Falazik, Bochum
  • 1965 Galerie Lometsch, Kassel
  • 1965 Galerie „pro arte“, Delmenhorst
  • 1965 Knoll International, Wuppertal
  • 1966 Galerie 123, Krefeld
  • 1967 Galerie Nos, Duisburg
  • 1967 Kunstverein Gütersloh
  • 1967 Galerie Patio, Frankfurt am Main
  • 1969 Galerie Senatore, Stuttgart
  • 1969 Kunstkreis Fulda
  • 1970 Basler Haus, Bad Homburg
  • 1970 Galerie R, Esslingen
  • 1970 Kabinet Dr. Grisebach, Heidelberg
  • 1971 Skiachromatische Kompositionen, Stadt Neheim-Hüsten
  • 1972 Galerie im OSRAM-Haus München
  • 1972 Skiachromatische Kompositionen, Galerie Oly, Biebergemünd
  • 1974 Lichtkinetische Objekte, Karl-Ernst-Osthaus-Museum, Hagen
  • 1981 Kinetische Lichtobjekte, Frankfurter Volksbank
  • 1984 Kinetische Lichtobjekte. Skiachrome Bilder. Skiachromes Ballett, Bürgerhaus Sprendlingen in Dreieich
  • 1984 Skiachromatische Kompositionen. Lamprische Kompositionen. Skiachrome Bilder. Skiachromatisches Ballett, Kunstverein Heidelberg im DAI, Heidelberg
  • 1985 Kinetische Lichtobjekte. Skiachrome Bilder. Frühe Arbeiten. Skiachromatisches Ballett, Kulturring Idstein
  • 1985 Deutsche Klinik für Diagnostik, Wiesbaden
  • 1995 Siegfried Albrecht – Retrospektive, Kulturring Idstein
  • 1996 08.Kunsttreff vom Archiv Frankfurter Künstler in Verbindung mit Gesellschaft zur Förderung Frankfurter Malerei e.V., Kunstforum, Frankfurt

Ausstellungsbeteiligungen

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  • Allgemeines Künstlerlexikon, Leipzig 1983 – 1990, ISBN 3-363-00113-4 DNB 550909443
  • Bee, A und Präger, C. (Hrsg.): Blau. Kaleidoskop einer Farbe, Heidelberger Kunstverein, Verlag Das Wunderhorn, Heidelberg 1990, ISBN 3926905069
  • Bihalji-Merin, Oto: Ende der Kunst im Zeitalter der Wissenschaft? Kohlhammer. Stuttgart 1969. S. 99
  • Buderer, H.-J.: Kinetische Kunst. Konzeptionen von Bewegung und Raum, Wernersche Verlagsgesellschaft. Worms 1992, ISBN 9783884620663
  • Inside Installations, Einführung in die Dokumentation kinetischer Kunst, Reinhard Bek, Museum Tinguely, Basel, 2007 S. 3
  • Kultermann, Udo: Neue Formen des Bildes. Verl. Ernst Wasmuth Tübingen 1969. S. 63, 169, ISBN 380303020X
  • Popper, Frank: Die kinetische Kunst. Licht und Bewegung. Umweltkunst und Aktion. DuMont. Köln 1975. S. 71, 156, ISBN 3770107683
  • Popper, Frank: Naissance de l’Art Cinetique. L’image du movement dans les arts plastiques depuis 1860. Gauthier-Villars 1967
  • Sammlung Cremer Bd. 1, Museum am Ostwall Dortmund 1991, S. 16 f., ISBN 3-89322-368-1.
  • Seit 45. Die Kunst unserer Zeit. Band I Dokumentation. La Connaissance. Brüssel 1970/72. S. 290
  • Seit 45. Die Kunst unserer Zeit. Band III Dokumentation. La Connaissance. Brüssel 1972. S. 10
  • Wer ist Wer? – Das deutsche Who is Who?, 2001/02, ISBN 9783795020323

Einzelnachweise

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  1. Siegfried Albrecht, Ausstellungskatalog: Kunst – Licht – Kunst, Stedelik van Abbemuseum, Eindhoven, 1966.
  2. Frank Popper, Katalog der Sammlung Internationaler Zeitgenössischer Kunst der Kunsthalle Nürnberg. 1975
  3. Siegfried Albrecht, Museum am Ostwall Dortmund, Sammlung Cremer, 1991, S. 17
  4. Siegfried Albrecht, Ausstellungskatalog: Retrospektive Siegfried Albrecht, Kulturring Idstein, 1995
  5. Timo Jouko Herrmann, Kompositionen Homepage von Timo Jouko Herrmann
  6. Rhein-Neckar-Zeitung, 27.05.2008