Wilhelm Heinrich (Nassau-Saarbrücken)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Fürst Wilhelm Heinrich von Nassau-Saarbrücken

Wilhelm Heinrich (* 6. März 1718 in Usingen; † 24. Juli 1768 in Saarbrücken) war von 1741 bis zu seinem Tod Fürst von Nassau-Saarbrücken.

Wilhelm Heinrich wurde als jüngster Sohn von Wilhelm Heinrich von Nassau-Usingen und der Prinzessin Charlotta Amalia von Nassau-Dillenburg geboren. Sein Vater starb bereits wenige Wochen vor seiner Geburt. Seine Mutter übte daraufhin bis zu ihrem Tod 1738 die Vormundschaft aus und sorgte für eine umfassende Bildung und calvinistische Erziehung. 1730 und 1731 hielten er und sein Bruder sich an der Universität Straßburg auf und wurden von verschiedenen Hofmeistern unterrichtet. Wahrscheinlich studierte er auch einige Zeit an der Universität Genf, die bei reformierten Studenten sehr beliebt war. Seine Grand Tour führte Wilhelm Heinrich u. a. nach Frankreich an den Hof Ludwigs XV., der ihm 1737 zum Kommandeur des französischen Kavallerieregiments Royal-Allemand machte und ihn durch dieses Geschenk zeitlebens in den französischen Militärdienst aufnahm. 1740 wurde er zum Brigadier ernannt.

Sophie zu Erbach, Fürstin und Musikerin, unbekannter Maler, um 1750
Verkündigung der Hochzeit und des ehelichen Beilagers von Wilhelm Heinrich mit Sophie Christine Charlotte Friederike Erdmuthe von Erbach aus dem Jahr 1742

Nach dem Tod der Mutter übte bis 1741 sein Bruder Karl die Vormundschaft aus. Mit Wilhelm Heinrichs Volljährigkeit behielt Karl das rechtsrheinische Nassau-Usingen und Wilhelm Heinrich erhielt das davon abgetrennte linksrheinische Nassau-Saarbrücken, das mit rund 22.000 Einwohnern auf 12 Quadratmeilen zu den kleinen Herrschaften im Heiligen Römischen Reich gehörte.[1]: S. 89

Wilhelm Heinrich heiratete am 28. Februar 1742 in Erbach Sophie (* 12. Juli 1725 auf Schloss Reichenberg; † 10. Juni 1795 in Aschaffenburg), Tochter des Grafen Georg Wilhelm zu Erbach-Erbach.

Militär, Politik und Wirtschaft

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kurz nach seinem Herrschaftsantritt nahm er mit seinem Regiment Royal-Allemand am Österreichischen Erbfolgekrieg teil. 1742 verkaufte er während seines Aufenthaltes in Frankfurt anlässlich der Krönungstage Karls VII. sein Regiment an den Landgrafen von Hessen-Darmstadt. Zur selben Zeit lernte er dort seine künftige Ehefrau Gräfin Sophie zu Erbach kennen.

Nachdem er 1744 zum Maréchal de camp ernannt und Inhaber des neu aufgestellten französischen Kavallerie-Regiments Nassau-Sarrebrück wurde, nahm er im weiteren Verlauf des Österreichischen Erbfolgekriegs unter Moritz Graf von Sachsen (Maurice de Saxe) am französischen Feldzug in Flandern teil. Im Jahre 1745 wurde er Inhaber des neuen Infanterie-Regiments Nassau-Sarrebrück, das er 1758 an seinen Bruder, den Fürsten Karl von Nassau-Usingen, abgab. Gegen Kriegsende 1748 folgte die Ernennung zum Generalleutnant.

Am 18. November 1756 stellte Wilhelm Heinrich das Husaren-Freikorps Volontaires Royaux de Nassau-Sarrebrück mit zwei Schwadronen à 150 Husaren auf, das am 7. April 1758 als Volontaires Royaux de Nassau auf vier Schwadronen mit insgesamt 600 Reiter verdoppelt wurde. Am 14. Juni 1758 als Kavallerie-Regiment Royal Nassau in die reguläre französische Kavallerie übernommen, behielt das Regiment diese Gliederung bis zur Ordonnanz von 1764.

Das Verhältnis zum großen Nachbarn Frankreich war naturgemäß eng. Er reiste oft nach Paris und wurde dort – für regierenden Adel nicht zeituntypisch – mit militärischen Ehrenbezeugungen, wie etwa der Beförderung zum Feldmarschall überhäuft. Im Verlauf des Siebenjährigen Krieges erhielt Wilhelm Heinrich 1759 dann auch das Großkreuz des französischen Militärverdienstordens.

Wilhelm Heinrich reformierte die Verwaltung und Justiz, indem er beide Institutionen rechtlich voneinander trennte und Ordnungen erließ, die den typisch reformabsolutistischen Charakter der Zeit trugen. Dazu gehörte auch eine kameralistische Wirtschaftspolitik. Er begann Maßnahmen zur Steuervereinheitlichung und Einführung eines modernen Katasters nach österreichischem Vorbild. Er nahm ebenfalls moderne landwirtschaftliche Methoden, wie den Kartoffelanbau oder die Schädlingsbekämpfung, auf. Von Bedeutung war auch sein Engagement im Steinkohlenbergbau und in der Eisenverhüttung. Die Gruben wurden verstaatlicht und die Eisenhütten an Unternehmer wie Cerf Beer verpachtet. Es gelang ihm somit Mitte des 18. Jahrhunderts die protoindustrielle Basis für die spätere, hochindustrialisierte Saarregion zu legen. Trotz der steigenden Steuer- und Pachteinnahmen entspannte sich die Haushaltslage besonders wegen der hohen Bauausgaben nicht.[1]: S. 92f.

Unter seiner Herrschaft wurden die Porzellanmanufaktur Ottweiler und die erste Kokerei Deutschlands in Altenwald gegründet.

Ausbau der Residenz

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Schloss Saarbrücken
Ludwigskirche

Mit der Herrschaftsübernahme siedelte Wilhelm Heinrich mitsamt Familie und einiger adliger Familien von Usingen nach Saarbrücken über, dessen Ausbau er eifrig begann. Die Hauptstadt, die in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges und der Reunionskriege schwer in Mitleidenschaft gezogen worden war, wurde besonders durch die Tätigkeit des Baumeisters Friedrich Joachim Stengel zur barocken Residenz umgestaltet und erweitert. Nennenswert sind das Schloss Saarbrücken, die Ludwigskirche und die Basilika St. Johann. Daneben errichtete er eine Reihe von Adelspalästen und Bürgerhäusern. Die Kehrseite der prachtvollen Stadterweiterung war eine immense Verschuldung, an der noch sein Sohn und Nachfolger Ludwig schwer zu tragen hatte. Gleichwohl sind es gerade Wilhelm Heinrichs Bauvorhaben, die heute noch die Stadt Saarbrücken prägen und die Erinnerung an ihn wachhalten.[2]

Wilhelm Heinrich als Vertreter des aufgeklärten Absolutismus

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei Wilhelm Heinrich – ganz wie auch bei seinen fürstlichen Zeitgenossen – zeigen sich die Möglichkeiten und Grenzen aufgeklärt-absolutistischer Politik. So sehr er nach aufgeklärten Prinzipien rechtliche Reformen durchsetzte, wirtschaftliche Impulse setzte und religiöse Toleranz walten ließ, so sehr blieb er aber auch ein patriarchalischer Herrscher, der seinen Untertanen eine aktive Beteiligung verwehrte, mit einer immensen Flut an Vorschriften alle Lebensbereiche reglementieren wollte und hart gegen soziale Proteste durchgriff.[3]

Zeitweiser Witwensitz der Fürstin in Ottweiler
Schloss Lorenzen zeitweiser Witwensitz der Fürstin

Aus Wilhelm Heinrichs am 28. Februar 1742 geschlossener Ehe mit Sophie (1725–1795), Tochter des Grafen Georg Wilhelm zu Erbach-Erbach, entstammten folgende fünf Kinder:

  • Sophie Auguste (1743–1747)
  • Ludwig (1745–1794), Fürst von Nassau-Saarbrücken
  • Friedrich August (1748–1750)
  • Anna Karoline (1751–1824)
⚭ 1769 Herzog Friedrich Heinrich von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg
⚭ 1782 Herzog Friedrich Karl von Braunschweig-Bevern
  • Wilhelmine Henriette (1752–1829)[4]
⚭ 1783 Louis Armand de Seiglières, Marquis de Soyécourt-Feuquières (1722–1790), deren gemeinsame Tochter war Henriette de Seiglières de Belleforière (1784–1802), die Louis de Saint-Aulaire heiratete. Aus dieser Ehe ging Wilhelmine de Saint-Aulaire (1802–1873) hervor, die wiederum Élie Decazes (erster Herzog von Decazes und Glücksburg) heiratete. Somit sind die Herzöge von Decazes bis heute lebende Nachfahren von Wilhelm Heinrich.

Die Saarbrücker Wilhelm-Heinrich-Brücke trägt seinen Namen.

Zum 300. Geburtstag und 250. Todestag dokumentierte die Alte Sammlung des Saarlandmuseums – Stiftung Saarländischer Kulturbesitz mit einer Sonderausstellung unter dem Titel Wilhelm Heinrich von Nassau Saarbrücken – Staatsmann. Feldherr. Städtebauer sein vielseitiges Schaffen.[5]

  • Winfried Dotzauer: Fürst Wilhelm Heinrich von Nassau Saarbrücken, in: Richard van Dülmen/Reinhard Klimmt (Hg.): Saarländische Geschichte. Eine Anthologie, St. Ingbert 1995, S. 87–94.
  • Hans-Walter Herrmann und Hanns Klein (Hrsg.): Wilhelm Heinrich von Nassau-Saarbrücken 1718–1768, Gedenkschrift zu seinem 250. Geburtstag und 200. Todestag, Saarbrücken 1968.
  • Michael Jung: Zwischen Ackerbau und Fürstenhof. Saarbrücker und St. Johanner Bürgertum im 18. Jahrhundert, St. Ingbert 1994
  • Klaus Ries: Obrigkeit und Untertanen. Stadt- und Landproteste in Nassau-Saarbrücken im Zeitalter des Reformabsolutismus, Saarbrücken 1997
  • Wendelin Müller-Blattau: Zarte Liebe fesselt mich. Das Liederbuch der Fürstin Sophie Erdmuthe von Nassau-Saarbrücken. (Veröffentlichungen des Instituts für Landeskunde im Saarland, Bd. 39) Teiledition mit Nachdichtungen von Ludwig Harig. Saarbrücken, 2001. S. 111, separates Faksimilebändchen. ISBN 978-3-923877-39-3.
  • Roland Mönig (Hg.): Staatsmann – Feldherr – Städtebauer. Wilhelm Heinrich von Nassau Saarbrücken: 1718-2018, Saarbrücken: Stiftung Saarländischer Kulturbesitz 2018, ISBN 978-3-932036-94-1.
Commons: Wilhelm Heinrich – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b Dotzauer: Fürst Wilhelm Heinrich
  2. Jung: Zwischen Ackerbau und Fürstenhof, S. 60–70
  3. Ries: Obrigkeit und Untertanen, S. 425–436
  4. Soyécourt Wilhelmine Henriette de in der Datenbank Saarland Biografien
  5. Cathrin Elss-Seringhaus: Der Fürst, der Saarbrücken groß machte. In: Saarbrücker Zeitung. 25. Oktober 2018, abgerufen am 3. Juli 2022.
VorgängerAmtNachfolger
Fürst von Nassau-Saarbrücken
1735–1768
Ludwig